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Hintergrund: Oszilloskop-Tastkopf – eine entscheidende Komponente der Messkette

Tektronix 071015-011aDie Ergebnisse von Signalmessungen können nur so genau sein wie die verwendeten Test- und Messwerkzeuge. Da die Taktraten und Anstiegsgeschwindigkeiten der heutigen elektronischen Schaltungen stetig steigen, wird der Tastkopf zu einem kritischen Teil des Messsystems – schließlich ist er das Bauteil, das in direktem Kontakt zur Schaltung steht. Im Folgenden werden die Anforderungen für Spannungsmessungen in embedded Systemen und beim Debugging digitaler Designs betrachtet.

Der Anschluss eines Tastkopfs an eine Schaltung kann die Funktion der Schaltung beeinflussen und ein Oszilloskop kann nur das Signal messen und anzeigen, das der Tastkopf an den Oszilloskop-Eingang liefert. Damit darf der Tastkopf nur einen minimalen Einfluss auf die zu messende Schaltung haben und es muss eine ausreichende Verzerrungsfreiheit des Signals für die gewünschten Messungen gewährleistet werden.

Wenn der Tastkopf diese Signalgüte nicht sicherstellen kann, er das Signal auf irgendeine Weise verändert oder wenn er die Funktion der Schaltung beeinflusst, dann sieht das Oszilloskop eine verzerrte Version des wirklichen Signals. Dadurch können sich falsche oder irreführende Messungen ergeben. Im Prinzip ist der Tastkopf das erste Glied in der Oszilloskop-Messkette. Die Stärke der gesamten Messkette hängt damit sowohl vom Tastkopf als auch vom Oszilloskop ab. Wird das erste Glied durch einen unzureichenden Tastkopf oder eine ungeeignete Messmethode geschwächt, dann hat dies eine Schwächung der vollständigen Kette zur Folge. Der ideale Tastkopf zeichnet sich durch die folgenden Eigenschaften aus:

  • Einfachheit und Bequemlichkeit der Verbindung
  • Höchste Signalgüte
  • Keine Last für die Signalquelle
  • Vollständige Störungsimmunität

Verbindungen mit dem physikalischen Messpunkt sollten sowohl einfach als auch bequem möglich sein. Bei sehr kleinen Schaltungen, wie hochdichten SMT-Baugruppen (Surface Mount Technology), werden einfache und bequeme Verbindungen durch den Einsatz von Sub-Miniatur-Tastkopfspitzen und verschiedene Tastkopf-Spitzenadapter für SMT-Bauteile ermöglicht.

Absolute Signalgüte

Der ideale Tastkopf sollte die Signale von der Tastkopfspitze bis zum Oszilloskop-Eingang mit höchster Signalgüte übertragen. Mit anderen Worten, das Signal sollte genau so wie es an der Tastkopfspitze auftritt unverändert auch am Oszilloskop-Eingang wiedergegeben werden. Für eine absolut originalgetreue Wiedergabe muss die Tastkopfschaltung von der Spitze bis zum Oszilloskop-Eingang null Dämpfung, eine unendliche Bandbreite und eine lineare Phase über alle Frequenzen aufweisen. In Wirklichkeit lassen sich solche idealen Anforderungen unmöglich erreichen. Glücklicherweise besteht für reale Signale in den heutigen embedded Designs keine Anforderung für einen Tastkopf mit unendlicher Bandbreite. Für parallele Chip-to-Chip-Schnittstellen, populäre serielle Kommunikationsbusse wie I2C oder SPI, geschaltete Leistungssignale, Sensorausgänge etc., ist in der Regel eine Oszilloskop- und Tastkopf-Bandbreite von bis zu 1 GHz völlig ausreichend.

Dies gilt allerdings nicht für die Messung von sehr schnellen Signalen, wie PCIe, SATA, HDMI etc., was hier nicht näher betrachtet wird.

Bei einer vorgegebenen Bandbreite ist die höchste Signalgüte das anzustrebende Ideal.

Keine Belastung der Signalquelle

Die Schaltung hinter einem Messpunkt kann als Signalquelle angesehen werden. Jedes externe Gerät, wie beispielsweise ein Tastkopf, das am Messpunkt angeschlossen wird, ist eine zusätzliche Last für die Signalquelle und zieht einen Signalstrom aus der Schaltung (der Signalquelle). Die Last kann die Funktion der Schaltung hinter dem Messpunkt beeinflussen und damit auch das am Messpunkt gesehene Signal.

Ein idealer Tastkopf verursacht keine Last an der Signalquelle. Mit anderen Worten, er zieht keinen Signalstrom aus der Signalquelle. Damit keine Stromaufnahme stattfindet, müsste der Tastkopf eine unendliche Impedanz aufweisen und für den Messpunkt im Prinzip einen Leerlauf darstellen.

In der Praxis ist ein Tastkopf, der für die Signalquelle keine Last darstellt, nicht realisierbar. Der Grund ist, dass ein Tastkopf am Oszilloskop-Eingang immer einen geringen Signalstrom ziehen muss, um eine Signalspannung entwickeln zu können. Folglich ist beim Einsatz eines Tastkopfs immer eine geringe Last für die Signalquelle zu erwarten. Das Ziel sollte allerdings sein, die Last durch die Auswahl des bestmöglichen Tastkopfs zu minimieren.

Vollständige Störungsimmunität

Energiesparlampen, Lüftermotoren, Schaltnetzteile und die Treiber von Hintergrundbeleuchtungen sind nur einige Beispiele für die vielen elektrischen Störquellen in unserer Umgebung. Diese können Störungen in elektrische Kabel und Schaltungen induzieren, so dass die Signale zusätzliche Störungen beinhalten. Wegen der hohen Empfindlichkeit für induzierte Störungen ist ein einfacher Draht keine ideale Lösung für einen Oszilloskop-Tastkopf.

Der ideale Oszilloskop-Tastkopf ist vollkommen immun gegen alle Arten von Störquellen. Dadurch lässt sich sicherstellen, dass das an das Oszilloskop gelieferte Signal nicht mehr Störungen aufweist als das Signal direkt am Messpunkt.

In der Praxis kann durch den Einsatz von Abschirmungen im Tastkopf eine hohe Störungsimmunität für die am häufigsten vorkommenden Signale erreichen. Störungen können allerdings besonders für sehr kleine Signale nach wie vor ein Problem darstellen. Speziell Gleichtaktstörungen können für differentielle Messungen problematisch sein.

Der Tastkopf in der Realität

Die Realität verhindert, dass der praktische Tastkopf das Ideal erreicht. Um zu verstehen, wie sich dies auf Oszilloskop-Messungen auswirkt, muss der Tastkopf genauer betrachtet werden. Ein Tastkopf ist, auch wenn dieser nur aus einem Stück Draht besteht, im Prinzip eine sehr komplexe Schaltung.

Bei DC-Signalen (0 Hz Frequenz) erscheint ein Tastkopf als ein einfaches Leiterpaar mit einem Serienwiderstand und einem Abschlusswiderstand. Bei AC-Signalen ändert sich dies allerdings mit steigender Signalfrequenz dramatisch. Hier hat jeder Leiter einen Induktivitätsbelag (L) und jedes Leiterpaar einen Kapazitätsbelag (C). Die Induktivität hemmt den AC-Stromfluss mit steigender Signalfrequenz. Die Kapazität hat eine abnehmende Impedanz bei steigender Signalfrequenz zur Folge. Die Interaktion dieser Elemente (L und C) in Verbindung mit den ohmschen Elementen (R) ergibt eine Tastkopfimpedanz, die sich mit der Signalfrequenz verändert. Durch ein gutes Tastkopf-Design können die R-, L- und C-Elemente des Tastkopfs so eingestellt werden, dass die gewünschte Signalgüte, Dämpfung und Belastung der Quelle über den spezifizierten Frequenzbereich erreicht wird. Aber selbst bei einem guten Design unterliegt der Tastkopf durch die eigene Schaltung gewissen Einschränkungen. Der Anwender muss sich beim Einsatz und der Auswahl eines Tastkopfs diesen Einschränkungen und ihrer Auswirkungen immer bewusst sein.

Einschränkungen bei Bandbreite und Anstiegszeit

Die Bandbreite ist der Frequenzbereich, für den ein Oszilloskop oder Tastkopf entwickelt wurde. Zum Beispiel ist ein 100 MHz Tastkopf oder Oszilloskop für Messungen innerhalb der Spezifikation auf allen Frequenzen bis 100 MHz ausgelegt. Bei Signalfrequenzen oberhalb der vorgegebenen Bandbreite können unerwünschte oder unvorhersehbare Messergebnisse auftreten.

Als allgemeine Regel für genaue Amplitudenmessungen gilt, dass die Bandbreite des Oszilloskops und des Tastkopfes fünfmal größer als die Frequenz des zu messenden Signals sein sollte. Diese "Faktor 5 Regel" gewährleistet eine ausreichende Bandbreite für die höherfrequenten Komponenten von nichtsinusförmigen Signalen, wie z. B. Rechteckschwingungen.

Ebenso muss das Oszilloskop eine angemessene Anstiegszeit für die zu messenden Signale haben. Die Anstiegszeit eines Oszilloskops oder Tastkopfs wird als die Anstiegszeit definiert, die gemessen werden würde, wenn ein idealer, sofort ansteigender Impuls betrachtet würde. Um eine sinnvolle Genauigkeit bei der Messung von Impulsanstiegs- und -abfallzeiten zu erreichen, sollte die Anstiegszeit von Tastkopf und Oszilloskop zusammen drei bis fünf Mal schneller sein als die des zu messenden Impulses.

Falls die Anstiegszeit nicht angegeben wird, lässt sich die Anstiegszeit (Tr) aus der Spezifikation der Bandbreite mit der folgenden Beziehung ableiten: Tr = k/Bandbreite, wobei k für Oszilloskope bis 1 GHz Bandbreite mit 0,35 und für Geräte über 1 GHz mit 0,4 angesetzt wird.

Jedes Oszilloskop hat definierte Grenzwerte für Bandbreite und Anstiegszeit. Genauso hat auch jeder Tastkopf seine eigenen Grenzwerte für Bandbreite und Anstiegszeit. Wird der Tastkopf an ein Oszilloskop angeschlossen, dann ergeben sich neue Werte für die Systembandbreite und Anstiegszeiten des Gesamtsystems.

Leider ist die Beziehung zwischen Systembandbreite und den individuellen Bandbreiten von Oszilloskop und Tastkopf nicht ganz einfach. Das Gleiche gilt auch für die Anstiegszeiten. Daher geben die Hersteller von Qualitätsoszilloskopen die Bandbreite oder Anstiegszeit bis zur Tastkopfspitze an, wenn das Oszilloskop mit speziellen Tastkopfmodellen genutzt wird. Dies ist wichtig, weil das Oszilloskop und der Tastkopf zusammen ein Messsystem bilden und Messmöglichkeiten schließlich von der Bandbreite und Anstiegszeit des Systems abhängen. Wird ein Tastkopf genutzt, der nicht auf der Liste der empfohlenen Tastköpfe des Oszilloskops steht, dann können sich unvorhersehbare Messergebnisse ergeben.

Gängige Spannungs-Tastkopftypen:

Passiver Tastkopf - Das ist der am häufigsten eingesetzte, universelle Typ. Die sehr robusten und kostengünstigen passiven Spannungs-Tastköpfe zeichnen sich durch eine Bandbreite von bis zu 500 MHz, einen weiten Dynamikbereich und einen großen Eingangswiderstand mit einer Parallelkapazität von 10 – 15 pF aus.

Tektronix-passive-tpp1000Die neusten passiven Spannungs-Tastköpfe mit großer Bandbreite erreichen mittlerweile Bandbreiten bis 1 GHz bei einer kapazitiven Last von weniger als 4 pF. Die äußerst niedrige kapazitive Last reduziert die negativen Effekte auf die Schaltung und toleriert zudem längere Masseleitungen. Und durch die große Bandbreite des Tastkopfs werden auch die hochfrequenten Komponenten im Signal sichtbar, was besonders für schnelle Anwendungen entscheidend ist.

 

Aktiver unsymmetrischer (FET) Tastkopf – Dieser Typ bietet eine große Signalbandbreite und gewährleistet eine geringe Belastung des Testobjekts. Ein aktiver Tastkopf ist ideal, wenn die Anwendung hochohmige, hochfrequente Schaltungselemente enthält, die eine minimale Last erfordern. Eine DC-Offsetmöglichkeit erlaubt die Nutzung des vollen Dynamikbereichs des Tastkopfs bei der Messung von AC-Signalen mit einer gleichzeitig anliegenden DC-Offsetspannung.

Differentieller Tastkopf – Ermöglicht die Darstellung von komplementären Tektronix-Differential-THDP0200(differentiellen) Signalpaaren auf nur einem Kanal des Oszilloskops. Ein aufeinander abgestimmtes Paar unsymmetrischer Tastköpfe kann ebenfalls für differentielle Messungen genutzt werden, ein echter differentieller Tastkopf bietet normalerweise aber eine höhere Leistungsfähigkeit, wie eine höhere Gleichtaktunterdrückung (CMRR), größeren Frequenzbereich und einen minimalen Zeitversatz zwischen Eingängen (Skew).

 

Hochspannungs-Tastkopf - Wird für eine sichere und genaue Erfassung von Echtzeit-Tektronix-HochspannungstastkopfSignalinformationen von "höheren" oder "potentialfreien" Spannungssystemen genutzt. Unsymmetrische Hochspannungs-Tastköpfe eignen sich für Masse-bezogene Hochspannungs-Messungen, während differentielle Hochspannungs-Tastköpfe für Signale genutzt werden, die sich aufeinander beziehen und nicht auf Masse.

 

 

Auswahl des richtigen Tastkopfs

Auf Grund der vielfältigen Messanwendungen und Anforderungen von Oszilloskopen gibt es auch eine große Auswahl von Oszilloskop-Tastköpfen am Markt. Dies kann die Auswahl eines Tastkopfs schwierig gestalten.

Um die Auswahl einzugrenzen, sollten immer die Empfehlungen des Oszilloskop-Herstellers für Tastköpfe befolgt werden. Dies ist wichtig, da die unterschiedlichen Oszilloskope für verschiedene Bandbreiten, Anstiegszeiten, Empfindlichkeiten und Eingangsimpedanzen entwickelt wurden. Um die Messmöglichkeiten des Oszilloskops voll ausschöpfen zu können, ist ein Tastkopf erforderlich, der zu den Design-Überlegungen des Oszilloskops passt.

Zusätzlich sollten bei der Auswahl des Tastkopfes auch die Messanforderungen berücksichtigt werden. Was soll gemessen werden? Spannung? Strom? Hochfrequenz-Leistung? Ein optisches Signal?

Durch die Auswahl des richtigen Tastkopfs für den jeweiligen Signaltyp lassen sich die Messergebnisse direkt und schneller erhalten. Dabei ist auch die Amplitude der zu messenden Signale zu berücksichtigen. Liegen diese innerhalb des Dynamikbereichs des Oszilloskops? Wenn nicht, muss ein Tastkopf eingesetzt werden, der den Dynamikbereich anpassen kann. Im Allgemeinen erfolgt dies mit einem Tastkopf, der eine Dämpfung von 10X oder mehr aufweist.

Zudem ist sicherzustellen, dass die Bandbreite oder Anstiegszeit an der Tastkopfspitze höher ist, als die zu messenden Signalfrequenzen oder Anstiegszeiten. Dabei ist auch zu beachten, dass nicht-sinusförmige Signale wichtige Frequenzanteile oder Oberwellen haben, die deutlich über der Grundfrequenz des Signals liegen. Um zum Beispiel auch die 5. Oberwelle einer 100 MHz Rechteckschwingung erfassen zu können, wird ein Messsystem mit einer Bandbreite von 500 MHz an der Tastkopfspitze benötigt. Das Gleiche gilt ebenso für die Anstiegszeit des Oszilloskop-Systems. Diese sollte um den Faktor drei bis fünf schneller sein, als die zu messenden Signalanstiegszeiten.

Zudem sollte immer die Signalbelastung durch den Tastkopf berücksichtigt werden. Ideal ist ein Tastkopf mit hohem Widerstand und geringer Kapazität. Ein 10 MΩ Tastkopf mit einer Kapazität von 10 pF oder weniger ist für viele Anwendungen ausreichend, für schnelle digitale Schaltungen sollte aber besser ein aktiver Tastkopf mit geringerer Kapazität eingesetzt werden.

April 2014

Autor

Hailey Percival

Technical Marketing Manager EMEA, Bench & Midrange bei Tektronix

www.tektronix.com/

 



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